Wenn sie nicht gerade Siri oder Alexa heißen, versuchen die meisten Chatbots einem auf sehr simple Art und Weise etwas zu verkaufen. Aber gibt es auch spannende Anwendungsfälle für Institutionen, die mehr als nur Geld wollen?

Chatbots sind Kommunikationsroboter, die meist automatisierte Aufgaben erfüllen. Sie können Nachrichten empfangen, sie lesen und darauf antworten. Wem jetzt Buzzwords wie Machine Learning und Künstliche Intelligenz im Kopf herumschwirren, liegt eher daneben: Lernfähige Chatbots wie Siri und Alexa – oder Microsofts Chatbot Tay, den Twitter innerhalb von 24 Stunden zum Rassisten erzog  – sind die Ausnahme. Viel häufiger begegnen uns im Internet Bots, die auf bestimmte Schlagwörter mit vorgefertigten Antworten reagieren.

Ungenutztes Potenzial

Bisher wurden Chatbots hauptsächlich im Vertrieb eingesetzt. In Online-Shops helfen sie bei Supportanfragen, Kundenanfragen, Buchungen und Reservierungen. Im kommerziellen Sektor bieten sie also einen weiteren Kanal, um potenzielle Kund*innen abzufangen und anzusprechen.

So weit, so langweilig. Dabei können Chatbots mehr: Da gibt es Novi, den Tagesschau-Chatbot, der auch nicht besonders schlau ist, aber User*innen täglich mit auf ihre Interessen zugeschnittenen Nachrichten versorgt. Oder den Chatbot der Sparkasse, der Freunden eine personalisierte Schuldenerinnerung für die letzte gemeinsame Taxifahrt schickt.

In der Praxis: Chatbot e-Bert hat gute Argumente für Europa. Mehr >

Diese Beispiele zeigen, dass sich Chatbots auch im Marketing oder der politischen Bildung für interessante Anwendungen anbieten. Möglich sind Frage-Antwort-Spiele, interaktive FAQs, Meme-Generatoren und mehr. Chatbots sind interaktiv, können individuell informieren und mit User*innen-Input umgehen. Im Gegensatz zu einer eigens entwickelten App sind sie technisch einfach realisierbar – hinter jedem guten Bot steckt aber auch eine gute Redaktion.

Ein erfolgreicher Chatbot sollte die Erwartungen managen, die an ihn gestellt werden: Hier schreibt keine komplexe KI und damit sollte offen umgegangen werden. Wenn User*innen wissen, womit sie es zu tun haben, können sie den Bot sinnvoller nutzen und werden nicht gleich frustriert, wenn eine Frage ins Leere läuft.

Tools - wo liegen die Unterschiede?

Chatbots kommunizieren mit uns meist über gängige Messenger wie WhatsApp oder den Facebook-Messenger. Dahinter steckt immer ein Chatbot-Tool, in dem das Verhalten und die Gesprächsoptionen des Bots eingerichtet wurden und welches dann über eine Schnittstelle auf dem jeweiligen Messaging-Dienst ausgespielt wird. Tools gibt es inzwischen viele: Von kostenlosen bis zu kostenpflichtigen, von lernfähigen bis zu datenbankbasierten Bots.

Bei der Wahl des Tools sollte mitbedacht werden, auf welchen Kanälen der Bot unterwegs sein soll. Während Facebook seine APIs offen anbietet, müssen sich Anbieter von Chatbots für WhatsApp offiziell für eine WhatsApp Business API bewerben. Der Markt für WhatsApp-Chatbot-Tools ist also insgesamt etwas kleiner.

Auch gibt es deutliche Unterschiede, was die Fähigkeiten der Tools angeht: Während manche Tools komplexe Frage-Antwort-Spiele umsetzen, User*innen anhand ihrer Antworten kategorisieren und per Abo erneut anschreiben können, bieten andere Tools nur simpelste Standard-Responses.

Wer liest mit?

Für unsere Kund*innen immer relevant: Wie stehts bei Chatbots mit dem Datenschutz? Wie so oft, findet man auf dem Markt vor allem amerikanische – und damit eher unsichere – Tools. Dazu kommt die generelle Krux: Die meisten Chatbots laufen letztendlich über Datenkraken wie Facebook und WhatsApp.

Wer einen über Facebook und Co. laufenden Chatbot auf seiner Website einbindet, sollte deswegen Sorge tragen, dass die Verbindung zum Bot erst nach einem Opt-In-Klick hergestellt wird. Sicherer unterwegs ist man jedoch mit deutschen Chatbot-Tools und einer eigenständigen Website-Einbindung, die nicht von den bekannten Social Media Plattformen abhängig ist.

Wie so oft stößt man hier aber auf andere Probleme: Setzt man auf deutsche Tools und sichere Kanäle muss man Abstriche bei Reichweite und Funktionalität der Bots machen. Wir hoffen, dass sich hier auf dem deutschen Markt bald noch etwas tut.

Fazit

Während unserer Arbeit mit Chatbots haben wir vor allem zwei Dinge gelernt: 1. Man sollte sie nicht überschätzen: Chatbots werden nicht unsere Online-Kommunikation revolutionieren, bieten aber einen neuen, frischen Weg unsere Unterstützer*innen anzusprechen und zu binden. 2. Im gesellschaftspolitischen Bereich ist das Potenzial von Chatbots noch weitgehend ungenutzt: NGOs, Wissenschaft und Politik sollten das Feld nicht allein den Unternehmen überlassen und Chatbots eine Chance geben.